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Theater

Rückblick: Theaterpreis Berlin an Luc Bondy

Veröffentlicht am 15 Mai 1998

1998 erhielt den mit 30.000 DM dotierten Theaterpreis Berlin der Regisseur Luc Bondy.

Die Preisverleihung 1998 an Luc Bondy fand in der Berliner Schaubühne statt, die Mitte der 80er Jahre Wirkungsstätte des Preisträgers war. Neben Libgart Schwarz und Otto Sander, die Texte von Luc Bondy lasen, wirkten u.a. die Sängerin Stella Doufexis und Walter Schmidinger mit; einen „Gruß aus Paris“ und ein Grußtelegramm von Michel Piccoli  überbrachte die renommierte französische Schauspielerin Bulle Ogier.

In seiner Laudatio auf Luc Bondy betonte der Schweizer Literaturhistoriker und Publizist Iso Camartin: Luc Bondys „Kompetenz im Durchleuchten der dunkelsten Regungen, der innersten Zuckungen, der leisesten Verschwiegenheiten der Herzen ist grandios. Er ist zum obersten Vivisekteur der Hemmungen und der Hemmungslosigkeiten geworden, die Liebende in ein Abenteuer stürzen. Niemand entwirrt so wie er das Geflecht von Sehnsüchten, Illusionen und Befangenheiten, das Liebende umspannt. Dafür müßten die psychologischen Kollegen unserer bedeutenden Fakultät ihm längst den Titel des Ehrendoktors verliehen haben.“ [...]

Luc Bondy © Fleitmann

BEGRÜNDUNG DER JURY

Luc Bondy ist unter den Regisseuren des deutschsprachigen Theaters einzig. Mozart, wäre er Regisseur gewesen, hätte inszeniert wie Luc Bondy - das ist mehr als eine Pointe. Natürlich ist Bondy auch ein begnadeter Mozart-Regisseur, das hängt mit der spezifischen Eigenart aller seiner Inszenierungen zusammen und macht sie so unverwechselbar.
Sie sind gefühlvoll ohne je sentimental zu sein, heiter ohne den geringsten Anflug plumper Komik, voll abgründiger Trauer, die sich ganz offensichtlich aus tiefer Einfühlung in Menschen und ihr Seelenleben speist. Stets schafft er es - und das macht seine Arbeiten so aufregend -, diese Schätze aus der Tiefe in die lichten Höhen einer fast kristallinen, heiteren Klarheit zu übersetzen. In ihr können noch die ernstesten Schicksale und Begebenheiten mit einer unglaublichen Leichtigkeit erzählt werden.
Dieses Kunststück gelingt keinem Regisseur wie ihm. Dafür erhält er zu Recht diesen Preis.
Daß er an einen Regisseur vergeben wird, der qua (Arbeits-) Biographie ein europäischer Regisseur genannt zu werden verdient, ehrt Preisträger wie Stifterin.

Die Jury: Friedrich Schirmer, Sigrid Löffler, Michael Schindhelm, Ulrich Eckhardt

Berlin, den 20. März 1998