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Theater

Rückblick: Theaterpreis Berlin an Jürgen Gosch Johannes Schütz

Veröffentlicht am 3 Mai 2009

Für ihre herausragenden Verdienste um das deutschsprachige Theater zeichnete die Stiftung Preußische Seehandlung das Team Jürgen Gosch und Johannes Schütz mit dem „Theaterpreis Berlin“ 2009 aus.

Die Entscheidung über die Auszeichnung traf die Preisjury, ihr gehörten der Intendant Hasko Weber (Schauspiel Stuttgart), die Regisseurin Konstanze Lauterbach und der Theaterkritiker Christopher Schmidt sowie mit beratender Stimme der Intendant der Berliner Festspiele Joachim Sartorius bzw. die Leiterin des Theatertreffens Iris Laufenberg an.

Theaterpreis Berlin 2009 © gezett

BEGRÜNDUNG DER JURY

Ein gründlicher, fast asketischer Erforscher der Dramen-Literatur ist der Regisseur Jürgen Gosch schon immer gewesen, aber erst in den letzten zehn Jahren hat sich seine Theaterarbeit zu einer nahezu schwerelosen Durchlässigkeit befreit. Seine Inszenierungen sind zugleich konzentrierter und offener geworden. Goschs Purismus führt das Theater, das zunehmend von der Überinszenierung und der entfesselten Referentialität unserer Zeit bestimmt wird, zurück auf den elementaren Vorgang. Maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hat Goschs wichtigster künstlerischer Partner, der Bühnenbildner Johannes Schütz. Seine bezwingend einfachen, ebenso minimalistischen wie luziden Räume schaffen mit ihren Setzungen den kongenialen Rahmen für ein Theater der Wahrhaftigkeit, das immer eine gemeinsame Suche ist und das Vergehen der Zeit zum heimlichen Generalthema hat. Schütz’ zeichenhafter Anti-Naturalismus öffnet und begrenzt ein Spielfeld, das die Idealbedingungen für Goschs symbiotische Arbeitsweise herstellt, in der die Mittel der Verfertigung be- wusst ausgestellt werden. Denn angestrebt wird hier nicht der mimetische Verwand- lungszauber, sondern die Osmose zwischen Darsteller und Dargestelltem.
Wie glückhaft die Arbeitsbeziehung zwischen dem Regisseur und dem Bühnenbildner ist, haben sie in der aktuellen Spielzeit erneut mit zwei höchst unter- schiedlichen, in ihrer Art jeweils exemplarischen Arbeiten unter Beweis gestellt. Die Zürcher Uraufführung von „Hier und Jetzt“, einem Stück von Roland Schimmel- pfennig, und die Inszenierung von Anton Tschechows Künstlerkomödie „Die Möwe“ in Berlin bilden geradezu quintessentielle Beispiele einer schöpferischen Kontinuität, die Texten jenseits aller Moden und Konventionen Deutungen von unmittelbarer existentieller Dringlichkeit und größter ästhetischer Konsequenz abgewinnt.
In Jürgen Gosch und Johannes Schütz werden zwei singuläre, ja erratische Künstler- persönlichkeiten mit dem Theaterpreis Berlin gewürdigt, die durch ihre geistige Unabhängigkeit das Theater der Gegenwart in einzigartiger Weise geprägt und be- reichert haben.

Die Jury: Konstanze Lauterbach, Christopher Schmidt und Hasko Weber mit Dr. Joachim Sartorius

Berlin, im März 2009