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Theater

Rückblick: Theaterpreis Berlin an Josef Bierbichler

Veröffentlicht am 18 Mai 2008

Mit dem „Theaterpreis Berlin“ 2008 zeichnete die Stiftung Preußische Seehandlung für herausragende Verdienste um das deutschsprachige Theater den Schauspieler Josef Bierbichler aus.

Der mit 20.000 Euro dotierte „Theaterpreis Berlin“ wird jedes Jahr öffentlich beim Berliner Theatertreffen vom Regierenden Bürgermeister von Berlin im Rahmen eines Bühnenfestes verliehen, das Freunde und Weggefährten der Preisträger zu deren Ehre und Freude ausrichten. Die feierliche Verleihung fand am 18. Mai 2008 im Haus der Berliner Festspiele statt.

BEGRÜNDUNG DER JURY

Joseph Bierbichler ist ein einzigartiger und eigenartiger Schauspieler, der seinesgleichen sucht in deutschsprachigen Theaterlanden. Er ist kein Verwandlungskünstler, sondern ein Versinnlicher von Haltungen und Gefühlen. Dieser Schauspieler erklärt uns nicht Figuren und Situationen, er stellt sie nicht her oder aus, sondern er befragt sie im unangestrengten Spiel. Statt in fremde Figuren zu schlüpfen, erkundet er diese, indem er alle Nähe und Fremdheit aus sich selbst heraus holt, Bierbichlers Theaterspiel speist sich stark aus seiner Physis. Dabei ist der kraftvolle Bauernsohn vom Starnberger See ein darstellerischer Minimalist. Als Meister in der Kunst des Weglassens wirkt er wie ein Solitär unter den vielen Fremd- und Selbstdarstellern auf deutschsprachigen Bühnen.  Er verkörpert Rollen, ohne sie im herkömmlichen Sinne vorzuspielen, ohne sich zu verstellen und von sich selbst abzusehen. Dabei wirkt nichts fertig oder gar perfekt, was dieser Schauspieler zeigt, sondern es fasziniert durch eine radikale Selbstverständlichkeit des theatralen Seins. Es gibt kaum einen anderen deutschsprachigen Bühnendarsteller, der mit seiner einfachen Präsenz das Publikum so sehr in seinen Bann zu ziehen vermag. Mit einem leichten Lächeln, in dem Suche wie Sicherheit liegen, das Durchblick wie Skepsis verrät, öffnet Bierbichler dem Publikum die Untergründe und Widersprüche seiner Figuren. Da Joseph Bierbichler zur Spezies des „denkenden Schauspielers“ gehört, der nicht nur Widersprüche auf der Bühne zeigt, sondern sie auch im Leben findet, mischt er sich immer wieder mit Gegenrede und Widerspruch in gesellschaftliche und politische Diskurse ein. Joseph Bierbichler hat zahlreiche große Rollen gespielt, er hat mit vielen berühmten Regisseuren und an fast allen renommierten Theatern gearbeitet, doch wie auch sein Solostück „Holzschlachten“ zeigt: noch immer ist Bierbichler  ein Schauspieler auf der Suche.

Die Jury: Wolfgang Engel, Hartmut Krug, Hasko Weber 

Berlin, im April 2008