Rückblick: Friedlieb Ferdinand Runge-Preis für unkonventionelle Kunstvermittlung an Prof. Dr. h.c. Peter Weibel
Den „Friedlieb Ferdinand Runge-Preis für unkonventionelle Kunstvermittlung“ der Stiftung Preußische Seehandlung erhielt im Jahr 2009 der Künstler, Kurator und Medientheoretiker Peter Weibel.
Die feierliche Vergabe des Preises fand am 27. Februar 2009 in der Berlinischen Galerie. Landesmuseum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur statt.
Der Preis zeichnet Persönlichkeiten aus, die als Künstler oder als Anstifter die Kunst und Kultur im deutschsprachigen Raum auf außergewöhnliche Weise bereichert und geprägt haben. Das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro soll neue Aufgaben und Werke des Preisträgers möglich machen.
BEGRÜNDUNG DER JURY
Auf Peter Weibel trifft alles zu, was die Statuten als Kriterien vorgeben; außerdem hat sein Wirken hohe Affinität zum universellen Denken und Wirken von Eberhard Roters. Peter Weibel ist Anstifter und Pionier neuer Erscheinungsformen der bildenden Kunst – im kreativen Sinne ein Querdenker – nicht nur als Theoretiker und Organisator, sondern zudem als eigenständiger Künstler. Mit seinen zahllosen Vorträgen und Publikationen zur Theorie und Geschichte der Medien und mit seiner weltweiten Tätigkeit als Kurator vertritt er die interdisziplinäre Erweiterung der Künste und die Integration wissenschaftlicher Arbeit (Technik und Natur) in die Kunstvermittlung.
Peter Weibel lehrt visuelle Mediengestaltung an der Universität für angewandte Kunst in Wien, hatte Dozenturen in Halifax, Buffalo (N.Y.) und Kassel. Als Leiter der Ars Electronica Linz, des Instituts für Neue Medien Frankfurt (Main) und derzeit als leitender Vorstand des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) Karlsruhe hat er den Durchbruch der Neuen Medien organisiert und theoretisch begleitet. Für die Biennale Venedig war er von 1993 bis 1999 Kurator der österreichischen Beiträge und in derselben Funktion tätig für die Neue Galerie in Graz und die Biennale Sevilla 2008.
Peter Weibels Entwicklung als Künstler hat eine umfassende universelle Grundlage durch das Studium von Linguistik, Komparatistik, Mathematik, Logik, Medizin und Filmästhetik. Seine Werkliste umfasst Arbeiten aus vielgestaltigen Bereichen: Concept Art, Performance, Experimentalfilm, Video, Computerkunst. Sein künstlerischer Weg führte ihn von der Wiener Aktionskunst (zusammen mit Valie Export) über das amerikanische Expanded Cinema zur Videoinstallation – stets reflektierend begleitet mit Texten und musikalischen Elementen. Er gilt in der jüngsten Kunstgeschichte als Pionier und Protagonist der computergestützten und interaktiven Videokunst. Als eigenwilliger Künstler und Performer war er in der documenta 6 Kassel 1977 und bei der Biennale Venedig 1978 vertreten. Im Jahre 2007 erschien seine bilanzierende Publikation >Das offene Werk<.
Als Vorstand des ZKM hat er sich zum Ziel gesetzt, diese einzigartige und neuartige Institution zu einem museologischen Leitmodell zu entwickeln – durch spartenübergreifende, alle Medien einschließlich Musik zusammenführende Aktivitäten – durch die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern – sowie durch unmittelbare Kooperation mit Künstlern. So soll diese Kopplung von Museum und Experimentallabor gleichzeitig Ort für Präsentationen, Produktions- und Forschungsstätte sein. Tatsächlich ist es Peter Weibel eindrucksvoll und überzeugend gelungen, das ZKM in beharrlicher Arbeit zum Leitbild und Leuchtturm für das internationale Kulturleben zu machen.
Peter Weibel (geb. 5.3.1944 in Odessa) – erhielt im Jahr 2004 den Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste, ist allerdings in Berlin als Künstler und Vermittler leider kaum in Erscheinung getreten. Seine starke, weit über den deutschsprachigen Raum hinaus reichende Reputation basiert auf einer universellen Perspektive zu allen Künsten, auf seiner unermüdlichen Präsenz, seiner Lust am Experiment, seiner forschenden Neugier und einer ausgeprägten Fähigkeit zur Animation.
Der Juror: Prof. Dr. Ulrich Eckhardt
November 2008