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Literatur

Rückblick: Berliner Literaturpreis an Thomas Lehr

Veröffentlicht am 9 Feb. 2011

Der Berliner Literaturpreis 2011 wurde an Thomas Lehr verliehen. Zudem erhielt der Preisträger für das Sommersemester 2011 die Berufung auf die Heiner-Müller-Gastprofessur für deutschsprachige Poetik am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin.

Der Preis wurde vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit im Roten Rathaus verliehen. Die Laudatio auf den Preisträger hielt Dr. Helmut Böttiger.

Berliner Literaturpreis 2011 © gezett

BEGRÜNDUNG DER JURY

Der Berliner Literaturpreis 2011 der Stiftung Preußische Seehandlung wird dem in Berlin lebenden Schriftsteller und gelernten Biochemiker Thomas Lehr für sein singuläres Prosawerk zugesprochen, in dem Naturwissenschaft und Literatur die eigentümlichsten Verbindungen eingehen. In jedem seiner erzählenden Werke – bisher fünf Romanen und einer Novelle – manifestiert sich Lehrs ausgeprägter und höchst wandlungsfreudiger Formwille, der ihn dazu bestimmt, seine Sprach- und Gedankenexperimente und sein Spiel mit technizistischen Weltbildern von Buch zu Buch immer artistischer aufzufächern und mit einer Vielzahl von Themen und zeitgenössischen Diskurs-Elementen zu unterfüttern. Stets geht Lehrs Schreiben von einer intellektuellen, emotionalen oder politischen Initialzündung aus, die dann eine komplexe und ästhetisch anspruchsvolle Erzählmaschine in Gang setzt – sei es das philosophische Gedankenexperiment eines Zeitstillstands (im Roman «42») oder sei es die Verschränkung von westlicher und östlicher Perspektive auf die New Yorker Attentate und auf den Irakkrieg (im Roman «September Fata Morgana»). Lehrs verfeinerte narrative Technik lässt den Erzähler inzwischen ganz verschwinden und löst ihn auf in einer genau komponierten Polyphonie der Stimmen. In der zwingenden Korrespondenz von Form und Inhalt und in der ambitionierten Suche nach immer neuen Darbietungsformen hat Thomas Lehr in der deutschsprachigen Literaturszene nicht seinesgleichen.

Jury: Sigrid Löffler, Dr. Ulrich Janetzki, Prof. Ulrich Khuon, Prof. Dr. Winfried Menninghaus, Prof. Dr. Norbert Miller